Historisch

Wir wollten nur Überleben

Mitte 1740 machen sich 6 Schiffe unter englischer Flagge auf, eine der gefährlichsten Fahrten dieser Zeit anzutreten. Der Krieg zwischen Spanien und England wurde nun auch zur See hinaus getragen. Für Ruhm, Ehre und Gold machen sich diese sechs Schiffe auf das gefährliche Kap Hoorn zu passieren. Diese Welten aus Holz trotzen Ozeanen, doch im unwirtlichsten Gewässer der Südhalbkugel wird das Geschwader getrennt und die Wager segelt alleine weiter, nach einem Navigationsfehler strandet diese weit vor dem heutigen Chile. Ein erbitterter Überlebenskampf beginnt. Wo Hunger, Angst und Kälte an einem zehren geraten Moral, Ethik und Regeln schnell in Vergessenheit und das „Recht“ des stärkeren rückt an vorderste Stelle. Die restlichen Überlebenden der Manschaft zerfallen in verschiedene Gruppen. Januar 1742 schaffen es 30 Menschen in einem völlig derangierten Segelboot an die brasilianische Küste. Die letzten Überlebenden des einst königlichen Eroberungsschiffes Wager. 6 Monate später erreichen drei weitere Schiffbrüchige mehr Tod als lebendig Chile. Auch Ihre Geschichte handelt von Schiffbruch, jedoch enthält diese den Vorwurf der Meuterei und Mord. 

David Grann hat sich viel mit der Geschichte und allen Artefakten, die es aus dieser Zeit zu finden gibt beschäftigt. Seine Nachforschungen umfassen unzählige Dokumente, Logbücher, Tagebücher der Besatzung, Briefe, Berichte der Überlebenden und Werke, die weit nach dem Tod aller Beteiligten verfasst wurden. Diese umfassende Recherche spürt man auf jeder Seite des Buches. Auch was die Beschaffenheit, den Aufbau der Schiffe und Hierarchien der Besatzung anbelangt gibt er uns einen Einblick. Sicherlich entwirrt das Buch diese dramatische Geschichte über Schiffbruch, Mord und Meuterei oder lässt uns zumindest deren Wahrscheinlichkeit gegenüberstellen. Dennoch fiel mir das Lesen schwer an manchen Stellen, denn die Vielfalt der gebräuchlichen Begriffe in der Schifffahrt, die benutz wurden hat mich förmlich erschlagen. Auch sein Schreibstil ist stellenweise sehr unflüssig, da ein „wusste XY über diese Begebenheit zu schreiben“ unfassbar oft das dominierende Ende seiner Passagen war. Auch die Unterbringung von Texten und Gedichten, die ein Verwandter weit nach dem Unglück schrieb oder Auszüge aus Tagebüchern stört regelmäßig die Erzählung und lädt bei der Fülle zum ignorieren ein. Was schade ist, denn in diesem Werk steckt unfassbar viel Arbeit. Selbst Bilder von Gemälden, Fotografien des Logbuches vom Flaggschiff und verschiedenster Darstellungen, sowie Karten der Routen im Einband erweitern das Buch. Ein sehr umfassendes Werk über eine der umstrittensten Seefahrt Überlieferungen des 18. Jahrhunderts, welchem man mit dem nötigen Respekt und Interesse begegnen sollte. Wer sich also darauf einlässt sollte sich im klaren sein, dass dies keine reine historische Erzählung ist und der Autor hier keine Tatsachen der Geschichte zuliebe verbiegt. Vielmehr ist es eine, in Zusammenhang gebrachte Erzählung der historisch belegten Ereignisse, deren Inhalt über Treue, Verrat, Schuld und Unschuld Wertungsfrei wiedergegeben und auf die Wahrscheinlichkeit ihrer Wahrheit hingewiesen wird. 

Fazit: Man sollte sich sehr für die Schifffahrt und historische Details interessieren. Wer rein eine flüssige Geschichte über ein Seeunglück lesen möchte sollte eher nicht anheuern. 

Einen großen Dank an den C. Bertelsmann Verlag, für das bereitstellen und an das Bloggerportal für die Vermittlung des Rezensionsexemplars.

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